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Leichensektion an der Uniklinik Homburg

Mittwoch, der 2.4.2008 war für einen Großteil der Schüler und Schülerinnen der Biologie- Leistungskurse kein gewöhnlicher Schultag. An besagtem Tag fuhren die weniger zart besaiteten von uns an die Uniklinik Homburg, um einen Einblick in die Anatomie des Menschen zu erhaschen oder anders ausgedrückt: Wir hatten die Chance (im Namen aller nochmals ein großes Dankeschön an Herrn Weyand, der uns dies organisiert hat!) drei, bereits von Medizinstudenten präparierte Leichen zu begutachten. Mit gemischten Gefühlen, einige eher ängstlich, andere eher neugierig, betraten wir das Anatomiegebäude der Uni.

Auf dem Gang mussten wir auf den Prosektor (den „Chefsezierer“) Dr. Kurt Becker warten, der uns an diesem Tag eine von absoluter Kompetenz geprägte, jedoch trotzdem für uns Laien verständliche Vorführung darbieten sollte. Die Wartezeit erwies sich als sehr kurzweilig, da wir bereits auf dem Gang des Gebäudes konservierte menschliche Embryonen aus verschiedensten Schwangerschaftsstadien bewundern konnten. Fasziniert konnten wir nachvollziehen, wie ein winziges Stückchen Gewebe mehr und mehr menschliche Formen annimmt.

Dann ging es endlich los- dachten wir-, denn anstatt gleich in den Keller zu den Leichen zu stürmen, bekamen wir zunächst eine kleine informative Einführung, die sämtliche Vorurteile und Voreingenommenheit, die wir mitbrachten beseitigen sollte. Dass man seinen Körper nach seinem Tod der Wissenschaft zur Verfügung stellen kann, wussten wohl die meisten. Neu war für viele, dass man dafür kein Geld bekommt, sondern sogar noch etwas bezahlen muss (um der Universität Kosten für Transport der Leiche, etc. abzunehmen) Überraschend war ebenfalls, dass die Universität sich dennoch kaum retten kann vor der gewaltigen Menge an Anfragen bezüglich Körperspende. (Das liegt wohl daran, dass dies immer noch billiger ist, als eine normale Bestattung…) Des Weiteren erläuterte uns Dr. Becker wie die Konservierung einer Leiche abläuft: Nach dem Tod muss diese innerhalb von wenigen Tagen, damit die Verwesung noch nicht einsetzt, zur Universität transportiert werden. Dann wird der tote Körper in ein Bad aus Chemikalien gelegt, wobei jede Uni ihre eigene spezielle, jedoch geheime Mischung aus Formaldehyd, Ethanol, gewisse weichmachende Stoffe, etc., besitzt.

Zusätzlich wird diese Mischung über die Blutbahn in der gesamten Leiche verteilt, damit diese nicht nur von außen konserviert wird und innen verwest, sondern vollständig mit Chemikalien durchdrängt wird. Zur Konservierung würde es nur kurze Zeit benötigen, damit jedoch jegliche Infektionsgefahr für die Studenten gebannt ist (man weiß schließlich nie welche infektiösen Krankheiten der Mensch hatte), verweilt die Leiche ca. ein halbes Jahr im Konservierungsbad. Dann kann sie für anatomische Zwecke verwendet werden.

So viel zur Theorie- doch jetzt wendeten wir uns endlich der Praxis zu! Als sich jeder von uns in einen blauen Kittel gewickelt hatte, betraten wir einen gefliesten Raum in dem auf mehreren Tischen verschiedene Leichen lagen, deren Formen man jedoch zunächst nur erahnen konnte, da sie von großen, weißen Tüchern verdeckt wurden. Wir versammelten uns um die erste und warteten gespannt darauf, dass der Prosektor das Tuch heben würde. Als er dies tat, war ich überrascht, dass die Leiche sehr plastisch aussah und kaum an einen lebenden Menschen aus Fleisch und Blut erinnerte, weshalb es mir auch sehr leicht gelang mich ohne Ekelgefühle der Faszination am Bau des menschlichen Körpers hinzugeben!

Dr. Becker klappte zuerst die Haut am Bauch weg (wie schon erwähnt waren die Leichen vorpräpariert) und wir bekamen ein gelbliches Gewebe, das Fettgewebe zu sehen. Nachdem auch dieses zur Seite geklappt war, konnte man die Bauchmuskeln erblicken. Diese bestehen aus mehreren Muskelsträngen, die in verschiedenen Richtungen übereinander verlaufen um die inneren Organe an ihrem Platz zu halten. Er zeigte uns außerdem was es im Hals so alles an „Schläuchen“ und „Röhren“ gibt (Halsschlagader, Speiseröhre, Luftröhre, etc.) sowie den Kehlkopf , die Schilddrüse und einen dicken Nerv in der Schulter, der die Arme und Hände mit vielen für die Feinmotorik unabdingbaren Nervenbahnen versorgt. Zudem erläuterte er uns Schwächen im Bau des Körpers, was andeutete, dass dieser doch nicht so perfekt gebaut ist, wie ich immer dachte! Zum Beispiel ist die Leistengegend ein solcher Schwachpunkt wo es immer wieder zu Leistenbrüchen kommt. (Die Leiste ist der seitliche Teil der Bauchwand am Übergang zum Oberschenkel.) Bei einem Leistenbruch können Bauchfell und Darmschlingen in den Leistenkanal gelangen oder unterhalb des Leistenbandes durch die Bauchdecke treten.

Die nächste Leiche lag auf dem Bauch. Dr. Becker klappte wieder Haut und Fettgewebe am Rücken zur Seite und legte die Muskeln frei. Worauf er hier hinauswollte war klar: die Wirbelsäule mit dem Rückenmark, Teil des zentralen Nervensystems. Ein Längsschnitt durch die Wirbelsäule erlaubte einen Blick auf die sympathischen und parasymphatischen Axone, die Wirbel für Wirbel das Rückenmark verlassen um den Körper mit Gefühl zu versorgen und Körpervorgänge zu steuern.

Bei der dritten Leiche lag der Schwerpunkt auf den inneren Organen. Wir bekamen eine (Raucher)-Lunge mit den riesigen festen Bronchien , das Herz, die Leber und die Galle, den Magen und den endlos langen Darm sowie Harnblase und Nieren zu sehen.

Ein kurzes Augenmerk richteten wir außerdem noch auf die Füße, die höchst kompliziert aus unzähligen Sehnen, Muskeln ,Knochen, Nervenfasern etc. aufgebaut sind.

Dann war die kurzweilige Vorführung auch schon vorbei. Ich denke sie wird uns allen als höchst interessant in Erinnerung bleiben (zumindest ist keiner von uns dabei in Ohnmacht gefallen, wie im Vorfeld gemutmaßt wurde!). Vielleicht wird auch der ein oder andere von uns im Medizinstudium selbst einmal eine Leiche sezieren!

Verfasst von: Isabel Molter

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